Hessische Küche
Die hessische Küche ist die traditionelle Kochkunst und Gastronomie, die man in den Landstrichen findet, die heute dem deutschen Bundesland Hessen angehören. Die Region erstreckt sich vom Rheingau und dem Gebiet um den Vogelsberg bis hin zur Metropole Frankfurt am Main.
Traditionen
Um 1900 war die Alltagskost in den breiten Bevölkerungsschichten Hessens infolge der wirtschaftlichen Gegebenheiten meist einfach und bescheiden; Brot und Kartoffeln waren die Hauptbestandteile der Mahlzeiten. Brot genoss hohe Wertschätzung, mancherorts zeichnete die Hausfrau mit dem Messer ein Kreuz auf den Brotlaib, ehe sie ihn anschnitt. Im Gemeindebackhaus buken die Familien ihre Brote und zu festlichen Gelegenheiten, wie etwa zur Kirmes, auch reichlich Kuchen und süßes Gebildgebäck, zum Beispiel Hasen als Weihnachtsgeschenke für die Kinder. Man dörrte auch Gerstenkörner für den Kaffee oder Obst im Backofen.
Aß man ehedem morgens durchweg Suppen und Hafer-, Hirse- oder Grießbrei, so wurden diese nun vielfach ersetzt durch Kornkaffee und Brot mit einem Aufstrich aus Quark oder Mus, der in reicheren Gegenden auch aus Wurst, Speck oder Käse bestand. Zu den Hauptmahlzeiten aß man Kartoffeln in verschiedenster "phantasiereicher" Zubereitung, dazu Gemüse, vielfach Sauerkraut, mit allerlei Soßen oder Milchprodukten wie Sauermilch, Quark und Handkäse. Gelegentlich gab es Eierspeisen oder Obstsuppen, und immer reichlich Dörrobst. Fleisch kam allgemein nur sonntags sowie zu Festtagen und bei der anstrengenden Feldarbeit auf den Tisch. Für die Dreschzeit gab es im Schlitzer Land traditionell große Portionen von Fleisch und Wurst, viel Kuchen und den seltenen Bohnenkaffee, dazu ein Gläschen Schnaps. Aus der Schwalm geben eine Anzahl überlieferter Rezepte einen Einblick in die Möglichkeiten auf größeren Bauernhöfen, wo auch an Wochentagen ab und an gebratener Speck oder Wurst gegessen wurden, obwohl Breie und Kartoffelspeisen vorherrschten. Die Mittags- und Abendmahlzeiten wurden gewöhnlich zusammen und in ranggemäßer fester Tischordnung eingenommen und man aß meist aus einer gemeinsamen Schüssel und oft mit Holzlöffeln. Es wird wiederholt betont, dass es bei diesen Mahlzeiten keine Unterschiede gab (also keine extra „Gesindekost“), so aus dem Vogelsberg, dem fränkischen Niederhessen und dem Schlitzer Land.
Als Alltagsgetränke galten Milch, Buttermilch oder Molke, „Kaffee“ aus geröstetem Getreide oder Möhren mit ein wenig Zichorie sowie selbstgebrautes Bier, „das Trinken“ genannt. Nach einem abgeschlossenen Handel, beim Gevatterbitten, zu allen Festlichkeiten und besonderen Anlässen wurde Schnaps getrunken, der um die Wende zum 20. Jahrhundert vielerorts vom Bier verdrängt wurde. Echter Bohnenkaffee war besonders in den Spinnstuben beliebt, kam dann nach und nach in allgemeineren Gebrauch. Klimabedingt waren in bestimmten Gegenden Hessens auch Apfelwein und Wein üblich. Im Gegensatz zu der einfachen Ernährung im Alltag, wurde bei festlichen Gelegenheiten aufwendig und üppig aufgetischt, manchmal über die Grenze der Möglichkeiten hinaus, auch in armen Landstrichen, da man in Hessen zu feiern verstand. Das gemeinsame reichliche Mahl als integratives Element im Festbrauch war ein wichtiger Ausgleich für die kargen Existenzbedingungen, wie das alljährliche arbeitsreiche, aber fröhliche Schlachtfest oder Wurstsupp im Spätherbst oder Winter in den Haushalten, die es sich leisten konnten. Helfer und geladene Gäste wurden mit Wurstbrühe und frischen Fleischspeisen bewirtet, dazu Sauerkraut, Kartoffelklößen, Erbsenbrei, Schnaps und eingemachtes Obst, wobei es auch lokale Spezialitäten gab wie den Vogelsberger „Butz“, eine Art Hackbraten. Örtlich bekamen die Kinder des Dorfes für dieses Fest schulfrei und erhielten eine Wurstsuppe und vielfach eigens angefertigte kleine Würstchen. Auch die Armen wurden bedacht und die Jugend des Dorfes trieb allerlei Allotria in lustiger Verkleidung und ersangen in Heischeversen eine Wurst oder ein Stück Fleisch, wie zum Beispiel in Vogelsberg.
Regionstypische Rohstoffe und Lebensmittel
Die regionalen Essgewohnheiten in Hessen zeichnen sich durch kräftige Speisen mit Kartoffeln, Gemüse, Kräutern, Obst, Linsen und Zwiebeln, Rindfleisch, Heringen, Würsten, Speck, Schlachtplatten, Sahne sowie Ebbelwoi (Apfelwein) und Riesling aus. Zu den Regionalsuppen zählt die Frankfurter Linsensuppe mit Frankfurter Würstchen, dazu Apfelmus. Des Weiteren sind Ochsenbrust mit Grüner Soße sowie Schmandhering typisch hessisch. Vom Anbaugebiet hessischen Bergstraße werden vorwiegend Rieslingweine, weiterhin Müller-Thurgau, Grauburgunder und Silvaner erzeugt, die hauptsächlich im Erzeugergebiet getrunken werden.
Nicht nur im Taunus ist „Dicker Hannes“ bekannt – ein dicker Kuchen aus roh geriebenen, gesalzenen Kartoffeln, mit Ei gebunden, der in der Pfanne gebacken wird. Je nach Region wird dieser Kuchen auch Dulkes, Dulges, Dippekuche, Dibbekooche oder ähnlich lautend genannt. Außerdem Stampes, eine dicke Suppe aus gekochtem Dörrfleisch mit Kartoffeln, Zwiebeln und Sauerkraut, oder Schlabberjux, ein Eintopf aus Weißkraut, Kartoffeln, Dörrfleisch und Zwiebeln, gewürzt mit Salz, Pfeffer, Kümmel und Suppenwürze. Der Einsatz der Kartoffel in der hessischen Küche hat sich in jüngster Vergangenheit und in der Gegenwart jedoch grundlegend geändert. Alle gesellschaftlichen Schichten und auch Regionen des Deutschen kennen dieselben oder ähnliche Kartoffelgerichte.
Eine beliebte Speise zum „Äppelwoi“ ist der „Handkäs mit Musik“. Zu den typisch hessischen Gerichten zählen außerdem Rippchen mit Kraut, gebackener Fisch, Gans in verschiedenen Zubereitungsarten, „Motten und Klöße“ (ein Eintopf mit Karotten, Zwiebeln und Schweinefleisch, in dem Kartoffelklöße gegart werden) sowie die „Vogelsberger Riesenwurst“, das „Kassler Rippchen“ und Frankfurter Würstchen. Ein weiteres hessisches Gericht, Nesterhebbes genannt, besteht aus gefüllten Kartoffelklößen auf Lauchgemüse.Quellfleisch ist die hessische Bezeichnung für das gekochte Schweinefleisch, das für die Blutwurst verwendet wird, auch zum traditionellen Frühstück am Schlachttag. Im Schlitzer Land ist Sommerweich ist eine Spezialität aus Zwiebel-, Lauch- und Speckstückchen, mit Mehl bestäubt in Fleischbrühe aufgekocht und abgerundet mit saurer Sahne, Knoblauch, Senf, Schnittlauch, Petersilie, serviert zu heißen Quellkartoffeln. „Kasseler Weckewerk“ ist eine Brühwurst aus Kalbskopffleisch, Schwarten, Schweinebauch, Zwiebeln und Wecken, die meistens mit Quellkartoffeln und sauren Gurken gegessen wird. Für die hessische Leberwurst wird leicht angebrühte Schweineleber mit anderen Zutaten durch die feinste Scheibe eines Fleischwolfes gedreht. Nach dem Würzen gibt man gekochte Speckwürfel in die Masse, die dann in krause Schweinedärme gefüllt und gebrüht wird. Der hessische Presskopf wird mit Fresser- und Schweinefleisch hergestellt (Fresser sind Jungrinder).
Hessischer Schmandkuchen (mit einer Auflage aus Vanillecreme und Schmand) sowie der Kuchen Frankfurter Kranz sind ebenfalls typisch hessisch.
Charakterisierung
Die nordhessische Küche ist der Thüringer Küche ähnlich, und in Südhessen findet sich der Einfluss der rheinhessischen und fränkischen Küche wieder. Auch in Mittelhessen stehen oft schwere und gleichermaßen schmackhafte Gerichte (Hausmannskost) auf dem Speiseplan.
In Frankfurt am Main entwickelte sich infolge der zahlreichen wohlhabenden Gäste, die zu den Kaiserkrönungen und zur Frankfurter Messe in die Stadt strömten, bereits im 17. und 18. Jahrhundert eine hochentwickelte Gastronomie- und Hotelkultur. Im 19. Jahrhundert galt Frankfurts Küche neben der Hamburger und der Wiener als führend in Deutschland.
Typisch für Hessen sind Gerichte auf Basis von Kartoffeln und Brot. Es gibt belegte Brot- und Hefekuchenvarianten (Ploatz, Speckkuchen, Zwiebelkuchen), die früher beim Brotbacken gleich mitgebacken wurden. In Oberhessen war die Kartoffel für die einfache Bevölkerung das allabendliche Hauptnahrungsmittel. Variationen und verschiedene Beilagen (zum Beispiel Duckefett, Himmel und Erde und Spitzbube) sorgten für Abwechslung.
Hauptgerichte
- Für „Quellkartoffel un Siebkäs“ (Pellkartoffeln mit Quark) würzt man den Quark mit Zwiebeln, Kümmel, Pfeffer, Schnittlauch, Petersilie oder Dill. Früher wurde der „weiße Käs“ (auch „Matte“ oder „Schmierkäs“ genannt) aus Sauermilch selbst hergestellt durch Abhängen und Pressen in einem Tuchsack.
- Beulches und Spitzbuben
- Dippehas (Hase mit Gemüse in Weißwein geschmort)
- Duckefett
- Fraaß (hessischer Weißkraut-Auflauf mit Hackfleisch, Speck und Zwiebeln)
- Frankfurter Grüne Soße
- Frankfurter Linsensuppe
- Frankfurter Rippchen
- Hessische Salzkuchen
- Himmel und Erde
- Kliest (längliche Kartoffelklöße in weißer Soße mit Dörrfleisch)
- Krautshäuptchen
- Ploatz oder Schmirchelskuche
- Rübenwurst
- Schweinepfeffer
- Speckkuchen
- Sulperknochen
- Woi-Hinkelche (Wein-Hühnchen)
- Zwiebelkuchen
Kuchen und Gebäck
- Bethmännchen
- Frankfurter Brenten
- Frankfurter Kranz
- Haddekuche
- Offenbacher Pfeffernüsse
- Stutzweck
Wurst, Käse und Brotaufstriche
- Ahle Wurst
- Frankfurter Fleischwurst
- Frankfurter Gelbwurst
- Frankfurter Leberwurst
- Frankfurter Rindswurst
- Frankfurter Würstchen
- Fuldaer Schwartenmagen
- Hessische Bratwurst
- Hessische Kartoffelwurst
- Hessischer Handkäse, eingelegt auch als „Handkäse mit Musik“ angerichtet
- Hessischer Presssack
- Kasseler Bauch
- Kasseler Kochwurst
- Kasseler Leberwurst (mit Schweinemaske, Herz und Zunge)
- Kasseler Rippenspeer
- Kasseler Schwartenmagen
- Kassler Leberwurst (mit Speck)
- Nordhessischer Feldkieker
- Oberhessischer Schwartenmage
- Odenwälder Frühstückskäse
- Odenwälder Kochkäse
- Schneegestöber (ähnlich dem Obatzter)
- Spundekäs
- Zeppelinwurst
Salate
- Kartoffelsalat mit Kraut (Nord- und Mittelhessen)
- Schmandsalat
- Zwiebelsalat
Getränke
- Apfelwein
- Die Landwein-Sorten Landwein Rhein, Rheingauer Landwein und Starkenburger Landwein
- Mispelchen
- Qualitäts- und Prädikatsweine aus den Anbaugebieten Hessische Bergstraße und Rheingau (Weinanbaugebiet)
Weblinks
- MahlZEIT. Geschichten vom Essen in Hessen. Wanderausstellung des Hessischen Landesarchivs
- Zur nordhessischen Regionalküche
Einzelnachweise
- Walter Heinemeyer, Horst Wolfgang Böhme, Claus Dobiat: Essen und Trinken. In: Handbuch der hessischen Geschichte. Historische Kommission für Hessen, 2010, ISBN 978-3-942225-05-2, S. 278 - 280.
- F. Jürgen Herrmann; Thea und Dieter Nothnagel: Lehrbuch für Köche. Hamburg 1999, ISBN 978-3-582-40055-0, S. 162, 350, 368, 423, 425.
- Landwirtschaftliche Jahrbücher. In: Zeitschrift für wissenschaftliche Landwirtschaft. Paul Parey, 1934, S. 127.
- Lothar Bendel: Deutsche Regionalküche von A-Z. Anaconda Verlag, 2013, ISBN 978-3-7306-9042-0 (E-Book ohne Seitenzahlen).
- Hans Friebertshäuser: Ländlicher Raum im Wandel: Mundart und Dorfleben in Hessen. Insel, 1993, ISBN 978-3-458-16521-7, S. 160.
- Joachim Lennert: Culinary Guidebook: Germany. Hessische Motten. Hueber Verlag, 2003, ISBN 978-3-19-006382-6, S. 165.
- Peter Lesniczak: Alte Landschaftsküchen im Sog der Modernisierung: Studien zu einer Ernährungsgeographie Deutschlands zwischen 1860 und 1930. Franz Steiner Verlag, 2003, ISBN 978-3-515-08099-6, S. 175.
- hr-fernsehen de, Frankfurt Germany: Rezept: Nesterhebbes. 30. September 2017, archiviert vom 29. Juni 2021; abgerufen am 29. Juni 2021 (deutsch). (nicht mehr online verfügbar) am Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Hermann von Pfister: Idiotikon von Kurhessen. N.G. Elwert, 1883, S. 226 (Krezelfleisch, im übrigen Hessen =Quellfleisch).
- Lothar Bendel: Deutsche Regionalküche von A-Z. Anaconda Verlag, 2013, ISBN 978-3-7306-9042-0 (E-Book ohne Seitenzahlen).
- Hermann Koch: Die Fabrikation feiner Fleisch- und Wurstwaren. 15. Auflage. Verlagshaus Sponholz, 1966, S. 261, 288, 298–299.
- Claus Schünemann: Lernfelder der Bäckerei und Konditorei - Verkauf: Hauptbd. Gildebuchverlag GmbH, 2006, ISBN 978-3-7734-0170-0, S. 188.
- Wolfgang Klötzer: Zu Gast im alten Frankfurt. Heinrich Hugendubel-Verlag, München 1990, ISBN 3-88034-493-0. Norbert Brieke, Köstlichkeiten aus Frankfurts Küche und Keller, Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-7829-0409-5.
- Toni Mathes: Lombemous un Schlawwerjux. Emil Winter Verlag, 1989, ISBN 3-926923-02-4, S. 14.
- Heinz P. Müller: Frankfurter Küch und Sprüch. Müller, 1976, S. 54,101.
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