Der Pfälzische Mundartdichterwettstreit in der pfälzischen Ortsgemeinde Bockenheim an der Weinstraße ist ein seit 1953 bestehender literarischer Wettbewerb in Rheinland-Pfalz, dessen Teilnehmer sich mit Beiträgen in pfälzischer Mundart messen. Er ist der älteste der vier pfälzischen Mundartwettbewerbe, die regelmäßig ausgetragen werden bzw. wurden. Die drei anderen sind der Mundartdichter-Wettstreit Gonbach (1984–2011), der Mundartwettbewerb Dannstadter Höhe (1988–2023) und der Sickinger Mundartwettstreit (seit 1991).
Geschichte
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Der Pfälzische Mundartdichterwettstreit wurde 1953 vor allem dank der Bemühungen des Bockenheimer Amtsrats Hans Niederberger ins Leben gerufen und wird jeweils an einem Samstag im Oktober durch den eingetragenen Verein Förderkreis Mundart Bockenheim zusammen mit der Ortsgemeinde veranstaltet. 1978 kamen als ergänzende Veranstaltung die Bockenheimer Mundarttage hinzu, die jährlich an einem April- oder Maiwochenende von freitags bis sonntags stattfinden. Dabei referieren z. B. Dialektologen vor Publikum über Mundartthemen und diskutieren darüber – traditionell im Dialekt – auf dem Podium. Dieser Programmpunkt nennt sich „Pälzer Dischbediere“ – Pfälzer Disputieren. Weitere Bestandteile der Festtage sind z. B. Theaterstücke oder Gottesdienste in Pfälzer Mundart.
Hauptpreis
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Ausschreibung
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Der Wettbewerb ist ausgeschrieben für Autoren, welche Pfälzer Mundart schreiben und sprechen können. Sie müssen nicht aus der Pfalz stammen; üblicherweise bewerben sich auch Teilnehmer aus anderen deutschen Gegenden oder aus Übersee. Hierzu zählt u. a. der US-Staat Pennsylvania, wo ein pfälzischer Auswandererdialekt, das Pennsylvania Dutch, überdauert hat.
Einzige ausgeschriebene Sparte ist Lyrik. Seit 2009 können Wettbewerbsbeiträge – maximal zwei pro Bewerber – auch online eingereicht werden.
Endrunde und Ergebnis
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Traditionell findet die Endrunde mit den Gedichtvorträgen im Festzelt statt, das auf dem zentralen Festplatz neben dem Bürgerhaus Emichsburg und dem Haus der Deutschen Weinstraße aufgebaut wird. Die durch die Mitgliederversammlung des Förderkreises berufene Jury zeichnet die zehn besten Gedichte aus. Dabei beeinflussen Thema und Inhalt, die Reinheit der Mundart sowie die Vortragskunst die Bewertung. Die ersten drei Ränge werden bekanntgegeben und sind mit Geldpreisen bedacht; die Teilnehmer, die auf den Plätzen vier bis zehn landen, erfahren ihren Rang nicht und erhalten jeweils den gleichen Anerkennungspreis. Die Wettbewerbsergebnisse werden ein Jahr lang auf der Website des Förderkreises präsentiert.
Gewinner
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Jahr
Gewinner
1.
1953
Friedrich Köhler
2.
1954
Wolfram Hockel
3.
1955
Fritz Blümlein
4.
1956
Susanne Faschon
5.
1957
Jakob Hill
6.
1958
Friedrich Wetzler
7.
1959
Erwin Burgey
8.
1960
Liesel Ott
9.
1961
Jakob Hill
10.
1962
Helmut Metzger
11.
1963
Liesl Ott
12.
1964
Kurt Kölsch
13.
1965
Heinrich Kraus
14.
1966
Konrad Betz
15.
1967
Albert Bleyer
16.
1968
Albert Bleyer
17.
1969
Albert Bleyer
18.
1970
Karl Bauer
19.
1971
Helmut Metzger
20.
1972
Albert Bleyer
#
Jahr
Gewinner
21.
1973
Friedel Römer
22.
1974
Susanne Regenauer
23.
1975
Gerd Runck
24.
1976
Erwin Burgey
25.
1977
Kurt Baumann
26.
1978
Gerd Runck
27.
1979
Gerd Runck
28.
1980
Albert Bleyer
29.
1981
Ilse Rohnacher
30.
1982
Günter Speyer
31.
1983
Marliese Echner-Klingmann
32.
1984
Marcel Schuschu
33.
1985
Heiderose Heintz
34.
1986
Eugen Damm
35.
1987
Ilse Rohnacher
36.
1988
Nikolaus Hofen
37.
1989
Gerhard Ranssweiler
38.
1990
Gerd Runck
39.
1991
Helga Schneider
40.
1992
Gerhard Ranssweiler
#
Jahr
Gewinner
41.
1993
Guido Defland
42.
1994
Norbert Schneider
43.
1995
Alexander Schroth
44.
1996
Rudy Kupferschmitt
45.
1997
Christine Boell
46.
1998
Relinde Niederländer
47.
1999
Anneliese Thürwächter
48.
2000
Alexander Schroth
49.
2001
Manfred Dechert
50.
2002
Peter Eckert
51.
2003
Karin Ruppert
52.
2004
Wolfgang Ohler
53.
2005
Wilfried Berger
54.
2006
Anneliese Thürwächter
55.
2007
Manfred Dechert
56.
2008
Gerd Becht
57.
2009
Manfred Dechert
58.
2010
Hanns Stark
59.
2011
Gerd Runck
60.
2012
Gisela Gall
#
Jahr
Gewinner
61.
2013
Wilfried Berger
62.
2014
Manfred Dechert
63.
2015
Matthias Zech
64.
2016
Renate Demuth
65.
2017
Barbara Franke
66.
2018
Norbert Schneider
67.
2019
Lothar Sattel
68.
2020
Manfred Dechert
69.
2021
Gisela Gall
70.
2022
Norbert Schneider
71.
2023
Matthias Zech
72.
2024
Matthias Zech
73.
2025
Matthias Zech
Sonderpreise
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Einzelne Sonderpreise
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Der Dr.-Wilhelm-Dautermann-Preis erinnert an ein langjähriges Jurymitglied und honoriert mundartliterarische Neuerscheinungen.
Der Preis fer Neie (Preis für Neue) kann an einen Dichter verliehen werden, der sich erstmals dem Wettbewerb stellt.
Der von 1980 bis 1994 verliehene Jakob-Böshenz-Preis für das literarische Gesamtwerk verschwand 1995 aus der Palette der Bockenheimer Mundartauszeichnungen. 1994 hatte der Gewinner Michael Bauer den 1991 zugesprochenen Preis zurückgegeben, nachdem er von Böshenz’ Sympathien für die Machthaber in der Zeit des Nationalsozialismus erfahren hatte.
Der Preis der Emichsburg wird anlässlich der Bockenheimer Mundarttage seit 1981 vergeben. Er ist nach der mittelalterlichen Burg im Ortsteil Kleinbockenheim benannt und würdigt besondere Verdienste um Mundart, Dialektliteratur und regionale Kultur.
Seit 2011 verleiht die pennsylvaniadeutsche Zeitung Hiwwe wie Driwwe in Kooperation mit der Kutztown University (Pennsylvania) und dem Förderkreis Mundart Bockenheim e. V. jährlich im Oktober im Rahmen des Pfälzischen Mundartdichterwettstreits einen Preis für den besten unter den pennsylvaniadeutschen Texten, die zuvor im Juli während des Kutztown Folkfestivals bei der Pennsylvania German Dialect Writers Presentation vorgestellt bzw. im Laufe der vorangegangenen zwölf Monate in der Zeitung publiziert wurden.
Erfolgreichster Teilnehmer insgesamt ist Gerd Runck (1929–2012), der in Bockenheim 26 Preise erhalten hat; fünfmal gewann er dabei die Konkurrenz, einmal mit einem 2. Rang. Albert Bleyer gewann den Wettbewerb fünfmal, war ebenfalls fünfmal unter den Platzierten und erhielt einmal einen Sonderpreis. Sieben Dichtern gelang es in den Jahren ab 1990, den Wettbewerb mehrmals zu gewinnen: Gerd Runck (1990 und 2011), Gisela Gall (2012 und 2021), Alexander Schroth (1995 und 2000), Anneliese Thürwächter (1999 und 2006), Manfred Dechert (2001, 2007, 2009, 2014 und 2020), Wilfried Berger (2005 und 2013) und Matthias Zech (2015, 2023 und 2024).
#
Name
Siege
2. Plätze
3. Plätze
1.
Runck, Gerd (1929–2012)
5
4
5
2.
Dechert, Manfred (* 1957)
5
3
3
3.
Bleyer, Albert (1928–1994)
5
1
0
4.
Schneider, Norbert (* 1957)
3
1
2
5.
Zech, Matthias (* 1957)
3
?
?
6.
Burgey, Erwin (1922–2010)
2
3
5
7.
Berger, Wilfried (1936–2025)
2
3
2
8.
Ranssweiler, Gerhard (1927–2005)
2
2
1
9.
Metzger, Helmut (1917–1995)
2
2
0
10.
Rohnacher, Ilse (1926–2016)
2
1
2
11.
Hill, Jakob (1899–1987)
2
1
1
Jurymitglieder
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Die Jury, in der seit 1953 etwa 50 Persönlichkeiten aktiv waren, besteht aus Mundartexperten; ihr gehören derzeit an:
#
Anzahl Jahre
Jurymitglied
Wohnort
Beruf
von / bis
1.
52
Karl Scherer
Kaiserslautern
Historiker i. R.
seit 1973
2.
29
Beate Henn-Memmesheimer
Mutterstadt
Sprachwissenschaftlerin i. R.
seit 1996
3.
28
Ute Zimmermann
Schifferstadt
Lehrerin
seit 1997
4.
27
Michael Werner
Ober-Olm
Publizist
seit 1998
5.
17
Gertraud Ling
Mannheim
Lehrerin i. R.
seit 2008
6.
15
Michael Geib
Ramstein-Miesenbach
Museumsdirektor i. R.
seit 2010
7.
13
Torsten Schuler
Bockenheim an der Weinstraße
Lehrer
seit 2012
8.
12
Georg Albert
Landau in der Pfalz
Sprachwissenschaftler
seit 2013
9.
2
Timo Benß
Mannheim
Journalist
seit 2023
10.
2
Christoph Erbach
Mörlenbach
Musiker
seit 2023
Die Zusammensetzung der Jury weist über die Jahre eine sehr große Kontinuität auf, einzelne Mitglieder des Gremiums waren 25 Jahre und länger aktiv (Stand 2025):
#
Anzahl Jahre
Jurymitglied
Wohnort
von / bis
1.
52
Karl Scherer
Kaiserslautern
seit 1973
2.
38
Friedrich Volk
Bad Dürkheim
1953–1991
3.
37
Wilhelm Dautermann
Bad Dürkheim
1953–1990
4.
36
Karl Heinz
Bad Dürkheim
1953–1989
5.
33
Susanne Faschon
Kaiserslautern
1962–1995
6.
32
Oskar Bischoff
Neustadt
1953–1985
7.
30
Karl-Friedrich Geißler
Rockenhausen
1981–2011
8.
29
Marliese Fuhrmann
Kaiserslautern
1983–2012
9.
29
Beate Henn-Memmesheimer
Mutterstadt
seit 1996
10.
28
Ute Zimmermann
Schifferstadt
seit 1997
11.
28
Josef Keller
Bad Bergzabern
1954–1982
12.
27
Michael Werner
Ober-Olm
seit 1998
Bockenheimer Manifest für Vielfalt und Toleranz 2024
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Im Vorfeld der 47. Bockenheimer Mundarttage im April 2024 verfassten Vorstand, Geschäftsführung, Beirat und Jury des Förderkreises Mundart Bockenheim e. V. ein „Manifest für Vielfalt und Toleranz“ mit folgendem Wortlaut: „Bloß net nochemol! Wir Kulturschaffende im Bereich Mundart wünschen uns, dass die Pfalz ein Ort bleibt, der Vielfalt begrüßt und Toleranz lebt. Wir fühlen uns bereichert durch Menschen, die in den letzten Jahrzehnten aus anderen Teilen Deutschlands, aus Europa und der ganzen Welt zu uns gekommen sind, um zu bleiben und in der Pfalz eine Heimat zu finden. Sie brachten neue Perspektiven, Traditionen und Ideen mit, die uns allen zugutekommen. Unsere Heimat hat in den vergangenen Jahrhunderten mit offenem Herzen immer auch jene aufgenommen, die Zuflucht gesucht haben. Wir möchten, dass das auch in Zukunft so bleibt. Gemeinsam wollen wir die Zukunft gestalten. Und deshalb sagen wir laut: Uffbasse! Bloß net nochemol!“ Dem Manifest schlossen sich bis zum Redaktionsschluss 180 im Bereich Mundart aktive Künstlerinnen und Künstler an.
Literatur
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Gemeinde Bockenheim an der Weinstraße, Rudolf Post (Hrsg.): Ich bin gern do. Der Pfälzische Mundartdichterwettstreit Bockenheim von den Anfängen bis heute. Pfälzische Verlagsanstalt, Landau/Pfalz 1995.
Ortsgemeinde Bockenheim an der Weinstraße und Förderkreis Mundart Bockenheim e. V., Rudolf Post (Hrsg.): Allminanner…. Sechs Jahrzehnte Pfälzischer Mundartdichterwettstreit in Bockenheim an der Weinstraße. 2012.
Weblinks
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Ortsgemeinde Bockenheim: Dichterwettstreit
Einzelnachweise und Anmerkungen
| ]
Förderkreis Mundart: Anmeldung zum Mundartdichter-Wettstreit. Abgerufen am 18. Oktober 2019.
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